Interview: Dr. Lilly Qualen – Teil 2

Im ersten Teil des Interviews berichtete Dr. Lilly Qualen, wie sie mit gerade einmal 26 Jahren ins kalte Wasser gesprungen ist und ihre eigene Zahnarztpraxis ge­gründet hat. Seit ihrer Existenzgründung praktiziert sie erfolgreich in Niendorf/Timmen­dorfer Strand. Mit Maximilian Voigt, Ansprechpartner und Berater für Existenzgründer bei Dampsoft, spricht sie im zweiten Interview über Bedarfs- und Standortanalyse sowie rechtliche Herausforderungen und Finanzierungsfragen. Lesen Sie hier einen Auszug aus dem Interview, das in der „dentalfresh“ 3-2020 erschienen ist.

„Am Ende war es gut, dass ich mir alles selbst erarbeitet habe.“

Was waren für Sie die wichtigsten Pfei­ler bei der Existenzgründung?

Für mich war es extrem wichtig, ein sicheres Back-up zu haben: Kollegen, ehemalige Chefs, Freunde und Familie, die mein Vor­haben unterstützen. Wäre ich auf mich allein gestellt gewesen, hätte ich eher gezweifelt. Menschen, die mich unterstützt haben, mich daran erinnerten, warum ich das alles mache, waren genauso wichtig wie passende Räumlichkeiten, Liquidität, ein finanzieller Puffer, falls alle Stricke reißen, und ein klares Ziel vor Augen.

Sicherheit war also ein wichtiger Faktor. Worauf konnten Sie verzichten – und worauf definitiv nicht?

Worauf ich verzichten konnte, ist viel Urlaub, weil ich das tatsächlich gar nicht so sehr brauche. Natürlich brauche ich schon Ur­laub, aber ich sehne mich nicht so sehr da­nach. Dementsprechend hatte ich im ersten Jahr auch nur ganz wenig Freizeit. Worauf ich definitiv nicht verzichten kann, ist gutes Personal, das mich in meinem Vorhaben unterstützt. Das habe ich zum ersten Mal wirklich merken müssen, als eine Mitarbei­terin gegangen ist. Das ist aus meiner Sicht der Super-GAU. Generell kann ich also sagen: Ich verzichte lieber auf meine eigene Freizeit als auf ein gut eingespieltes Team. (…)

Was ist der Vorteil einer Neugründung im Gegensatz zu einer Praxisübernahme und wie wichtig ist die Standortanalyse?

Der größte Vorteil ist, dass alles, was in meiner Praxis steht, von mir persönlich aus­gesucht und teilweise schon erprobt wurde. Bei einer Praxisübernahme gibt es zwar schon einen Patientenstamm und eine Grundlage, aber auch Altlasten. Behand­lungsstühle, die vielleicht bald den Geist aufgeben, Zahnersatzgarantien und vieles mehr. Wenn bei mir etwas ausfällt, weiß ich genau, an wen ich mich zu wenden habe. Deshalb habe ich besonders darauf geach­tet, Anbieter aus der Region zu wählen, die bei Bedarf schnell erreichbar sind. Die Standortanalyse ist sehr wichtig. Ich habe zum Beispiel geschaut, wie viele Kollegen mit welchen Schwerpunkten sich in der Gegend niedergelassen haben. Wichtig ist auch die regionale Altersstruktur der Patienten, an der ablesbar ist, wie der Bedarf an Zahnärzten sich entwickeln könnte. Die Frage, die allem vorange­stellt ist: Was gibt der Standort her?

Rechtliches und Finanzen: Haben Sie hier externe Berater herange­zogen?

Ich habe alles selbst recherchiert oder mich durch Kollegen und mein Depot informiert. Das war teilweise sehr kompliziert, denn im Internet gibt es zum Beispiel keine Businessplan­vorlage zur Gründung einer Zahnarzt­praxis. Ich habe Zahlen im KZBV-­Jahrbuch recherchiert und versucht, alle Einnahmen und Ausgaben durch­zurechnen. Mein Bankberater brachte es gut auf den Punkt: ,,Es kann so lau­fen, es kann sich auch ganz anders entwickeln.“ Das ist halt das Risiko, das man tragen muss. Am Ende war es gut, dass ich mir alles selbst erarbeitet habe. So war ich gezwungen, mich detailliert mit meinem Profil, meinen Kompetenzen, meinem Konzept, den Risiken, den Markt- und Standort­analysen, aber auch mit Konkurren­zen und Zielgruppen wirklich ausei­nanderzusetzen. Das ist eine sehr gute Grundlage für alles Weitere.

Weitere Informationen

(Quelle: Voigt, Maximilian, „Am Ende war es gut, dass ich mir alles selbst erarbeitet habe“, Dentalfresh (Oemus Media AG), 16. Jahrgang, September 2020, Seite 46 bis 48, www.zwp-online.info)