Interview: Dr. Lilly Qualen – Teil 3
Im letzten Teil des Interviews mit Maximilian Voigt, Ansprechpartner für Existenzgründer bei Dampsoft, spricht Gründerin und Zahnärztin Dr. Lilly Qualen über Herausforderungen in Sachen Marketing, Personalsuche und Qualitätsmanagement auf ihrem Weg zur eigenen Praxis. Lesen Sie hier einen Auszug aus dem Interview, das in der „dentalfresh“ 4-2020 erschienen ist.
„Man sollte zu keinem Zeitpunkt das Gefühl haben müssen, alleine dazustehen.“
Dr. Qualen, nach welchen Kriterien haben Sie die Ausstattung Ihrer Praxis ausgewählt?
Es gibt die drei Grundkriterien „Kosten, Design und Funktionalität“, die jeder Zahnarzt bei der Anschaffung abwägen muss. Zunächst habe ich mich bei der Zahnärztekammer über alle baulichen und hygienischen Anforderungen informiert. Da gibt es Grundsätzliches, das man braucht, wie die Instrumentenaufbereitung. Hier darf man nicht am falschen Ende sparen, weshalb Gebrauchtgeräte für mich nicht infrage kamen. Andere Gerätschaften wie ein Anmischgerät müssen für mich nicht nagelneu sein, die funktionieren viele Jahrzehnte einwandfrei. Bei den Behandlungseinheiten habe ich auf meine Erfahrung zurückgegriffen: In der Universität hatten wir tolle Behandlungsstühle, die ich dann auch für meine eigene Praxis angeschafft habe. Dabei standen für mich Funktionalität und Design über den Kosten, denn hier sitzen meine Patienten und ich den ganzen Tag (…)
Stichwort „Mitarbeiter“: Wie sind Sie die Personalsuche angegangen?
Die Personalsuche war eine größere Herausforderung. Hier hat mir mein Netzwerk an Kollegen sehr geholfen. Ich weiß, dass ältere Kollegen früher Dutzende Bewerbungen bekamen und aussortieren konnten. Das ist heute nicht mehr so. Es muss definitiv daran gearbeitet werden, dass der Beruf der ZFA wieder attraktiver wird.
In Ihrer Praxis herrscht eine Du-Mentalität. Ist der freundschaftliche Umgang eine Stärke Ihres Teams?
Die Stärke eines Teams entsteht nicht dadurch, ob man sich duzt oder siezt. Das hat keinen Einfluss, wenn man menschlich miteinander klarkommt. Für mich war das Du eine ganz klare Sache, weil meine Mitarbeiterinnen genauso alt sind wie ich. Da wäre es mir komisch vorgekommen, wenn wir uns siezen. Ich brauche das auch nicht für mein Ego, dass ich die „Frau Dr.“ bin. Viel wichtiger als die Anrede ist der Umgang miteinander. Mittlerweile bekomme ich Initiativbewerbungen, weil die Helferinnen natürlich auch ihr Netzwerk haben und ein guter Arbeitsplatz sich schnell herumspricht (…)
Sie sind auf Instagram sehr präsent. Hatten Sie von Anfang an ein Marketingkonzept?
Nein, gar nicht. Wir haben uns eher auf Mund-zu-Mund-Werbung verlassen.
Das ist unterm Strich auch das Erfolgreichste, oder?
Das stimmt. Aber es kamen auch im zweiten Jahr noch neue Patienten, die sagten: „Ich wusste gar nicht, dass hier eine Praxis ist. Wenn ich das vorher gewusst hätte!“ Wir haben uns unseren Stand erarbeitet. Es gibt einen guten Internetauftritt, was wichtig ist, um gefunden zu werden. Dafür gibt es Experten, die sich um so etwas kümmern. Eine gute Website mit ansprechenden Bildern ist die halbe Miete, um in der Region gefunden zu werden.
Dann aber entschieden Sie sich, Social-Media-Kanäle zu nutzen. Warum?
Hier kann man besonders die jüngeren Generationen erreichen oder auch internetaffine Menschen. Man hat hier die Möglichkeit, einen persönlichen Eindruck der Praxis zu vermitteln, was so-wohl für die Patienten als auch für die Mitarbeitergewinnung von Vorteil ist. Auch für die Patientenbindung. Facebook sehe ich eher als informativen Kanal, auf dem ich zum Beispiel über Öffnungszeiten, neue Materialien oder Behandlungsspektren berichte. Instagram bietet Raum für Emotionales oder den Zahnarztalltag. Hier sehen die Patienten auch die persönliche Seite des Behandlers oder der Mitarbeiter. Aber auch ganz einfache Dinge: Wie sieht die Praxis aus? Wie ist die Stimmung dort? Man kann über Social Media viele Informationen transportieren, was zum Beispiel für Angstpatienten sehr hilfreich sein kann, denn sie haben die Möglichkeit, schon im Vorfeld einen Eindruck zu gewinnen. Auch wichtig finde ich den Input über Zahnmedizin, den wir über Social Media für Studierende oder Assistenzärzte weitergeben können. Kanäle wie Instagram sind ja auch keine Einbahnstraßen. Hier bilden sich Communities und es findet ein Austausch statt (…)
Haben Sie zum Abschluss einen ganz allgemeinen Tipp für Existenzgründer?
Das Wichtigste bei der Praxisgründung ist: Man sollte zu keinem Zeitpunkt das Gefühl haben, mit allem alleine dazustehen. Man kann alleine gründen, aber man sollte sich immer auch auf ein Back-up in Form von Businesspartnern, Kollegen oder Familie berufen. Ganz allein wird es nicht klappen. Man braucht einfach Unterstützung bei allen möglichen fachlichen und persönlichen Themen (…)
Weitere Informationen
(Quelle: Voigt, Maximilian, „Man sollte zu keinem Zeitpunkt das Gefühl haben müssen, alleine dazustehen“, Dentalfresh (Oemus Media AG), 16. Jahrgang, September 2020, Seite 32 bis 34, www.zwp-online.info)