Resturlaub: Was Praxis-Chefs zum Jahreswechsel wissen sollten
Manche Mitarbeiter von Zahnarztpraxen nehmen Urlaubstage ins neue Jahr mit und schieben damit einen immer größeren Berg von freien Tagen vor sich her. Doch dies ist nur im Ausnahmefall erlaubt. Gesetzlich ist nämlich festgeschrieben, dass Urlaub grundsätzlich in dem Jahr genommen werden muss, in dem er anfällt. Wenn der Praxisinhaber dem Übertragen von Urlaubstagen einen Riegel vorschieben will, muss er einen Punkt besonders beachten.
Bundesurlaubsgesetz regelt Übertragung von Resturlaub
Im Bundesurlaubsgesetz heißt es in den ersten beiden Sätzen von § 7 Abs. 3: Der Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen.
Doch immer wieder gab es in der Vergangenheit Streit darüber, wenn die Praxismitarbeiter wegen der großen Arbeitsbelastung ihren Urlaub überhaupt nicht nehmen konnten. Durfte dann der Urlaub ausnahmsweise ins neue Jahr übertragen werden? Denn immerhin sammelten sich bei einzelnen Mitarbeiter so viele Urlaubstage an, dass ein wochenlanger Ausfall drohte, wenn plötzlich Urlaub beantragt wurde.
Bundesarbeitsgericht mit Wegweisendem Urteil
Im vergangenen Jahr hat sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit einem solchen Fall befasst (Urteil vom 19.02.2019, 9 AZR 541/15). In ihrer Entscheidung bekräftigten die Richter, dass der Urlaub grundsätzlich nicht ins neue Jahr übertragen werden darf. Dies ist ja auch in dem zuvor zitierten § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz so geregelt.
Der Urlaub verfällt zum Jahreswechsel jedoch nur unter einer Bedingung, so das Gericht: Der Arbeitgeber muss den Beschäftigten rechtzeitig vor dem Jahreswechsel zum Antritt von Resturlaub aufgefordert und davor gewarnt haben, dass der Urlaub ansonsten verfällt.
Hintergrund des Urteils ist die europäische Arbeitszeit-Richtlinie, die in § 7 Abs. 1 regelt, dass die EU-Staaten sicherstellen, dass der Arbeitnehmer seinen Jahresurlaub auch „erhält“ (Richtlinie 2003/88/EG). Hierzu muss der Arbeitgeber den Beschäftigten zuvor in die Lage versetzen, den Urlaub tatsächlich rechtzeitig zu nehmen und ihn über den ansonsten drohenden Verfall der Urlaubstage aufklären.
Praxistipp: Wenn Sie vermeiden wollen, dass der Berg an Urlaubstagen Ihrer Mitarbeiter weiter wächst, sollten Sie diese umgehend schriftlich auffordern, ihren Jahresurlaub bis zum 31. Dezember 2020 zu nehmen und auf den sonst drohenden Verfall des Resturlaubs hinweisen.
Ausnahmefall: Urlaub bis 31. März „schieben“
Da sich mancher Praxisinhaber aber ins eigene Fleisch schneiden würde, wenn er aufgrund aufgelaufener Urlaubstage seine Mitarbeiter jetzt bis zum Jahresende in den Urlaub schickt, besteht noch eine Hintertür. Gesetzlich ist es nämlich zulässig, dass der Resturlaub 2020 bis zum 31. März 2021 genommen werden kann, wenn dringende persönliche oder betriebliche Gründe vorliegen. Und eine erhebliche Beeinträchtigung der Praxistätigkeit aufgrund von fehlenden Mitarbeiter wäre ein solcher dringender Grund, die Übertragung von Urlaubstagen zu gewähren.
Praxistipp: Halten Sie als Praxisinhaber Ihre Mitarbeiter dazu an, ihren Urlaub in dem Jahr zu nehmen, in dem er anfällt. Hierzu müssen Sie auch die Möglichkeit schaffen und Urlaubsanträge möglichst positiv bescheiden. Falls im Ausnahmefall viele Urlaubstage angefallen sind, sollten Sie zwar auf deren Abbau drängen, aber in Zeiten von Fachkräftemangel auch tolerant sein. Denn die Rechtslage zum Urlaub ist nicht in Stein gemeißelt: Es bleibt Ihnen unbenommen, kulant zu sein und ausnahmsweise auch die weitere „Mitnahme“ von Urlaub zu gewähren. In Zeiten von Fachkräftemangel vielleicht nicht die schlechteste Idee.